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Zang, Yingjie: Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain

Die Studie „Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain: A randomized controlled trial” von Zhang Yingjie et al.[1] wurde 2015 in Complementary Therapies in Medicine veröffentlicht.[2]

Hintergrund

Schmerzen im unteren Rücken sind eine der häufigsten Beschwerden im Stütz- und Bewegungsapparat. Etwa 80% aller erwachsenen US-Amerikaner erleiden in ihrem Leben zumindest eine Episode. Im Allgemeinen sind diese Schmerzen vorübergehend, dennoch können sie sich in 16 bis 62 Prozent der Fälle chronifizieren und die Rückfallsrate liegt bei etwa 85 Prozent. Beschwerden im unteren Rücken sind in den Industriestaaten auch der häufigste Grund für Arbeitsausfälle und Aktivitätseinschränkungen und belasten das Gesundheitssystems.

Bei 95% der Patienten ist die Ursache der Beschwerden unklar, weshalb man von „unspezifischen unteren Rückenbeschwerden“ (NSLBP: „nonspecific low back pain“) spricht. Die Beschwerden stehen in einem engen Zusammenhang mit einer schwachen Stabilität im unteren Rücken. Klinische Untersuchungen zeigen, dass Muskelstärkung durch entsprechende Übungen die Wirbelsäule stabilisieren kann und damit die kurz- und langfristigen Symptome reduzieren.

In den letzten Jahren wurden in der Rehabilitation von unteren Rücken-Schmerzen vielfach rumpfstabilisierende Übungen eingesetzt, die einen positiven Effekt auf die Schmerzreduzierung haben und ein physiologisch richtiges motorisches Verhalten ermöglichen. [3] Auch Massage ist eine häufig benützte nicht-chirurgische Methode, um Schmerzen im unteren Rücken zu behandeln.[4]

Chinesische Massage als komplementäre und alternative Therapie hat in China eine lange Geschichte und ist populär bei bestimmten Erkrankungen wie Nackenbeschwerden oder auch untere Rückenschmerzen. Klinische Studien von Pang, Zhang, Cai und Liu haben ihre Wirksamkeit bei unteren Rückenschmerzen nachgewiesen.[5]

Zielsetzung und Durchführung

Da rumpfstabilisierende Übungen die lumbalen Strukturen stärken können, nehmen die Autoren an, dass die Effektivität der Chinesischen Massage bei unspezifischen unteren Rückenschmerzen verbessert und die Rückfallsrate gesenkt werden könnte, wenn sie gemeinsam angewendet werden.[6] Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist die Überprüfung dieser Annahme durch eine randomisierte und kontrollierte Studie (RCT).

In der Versuchsgruppe erhielten die TeilnehmerInnen acht Wochen lang täglich 40-minütige Chinesische Massage-Behandlungen[7] im Bereich des unteren Rückens durch erfahrene TherapeutInnen. Ergänzend dazu führten die TeilnehmerInnen rumpfstabilisierende Übungen[8] aus, jede Übung jeweils zehnmal – ebenfalls täglich über acht Wochen. Vor dem Beginn der Behandlungen wurde die TeilnehmerInnen individuell von den Forschern in die rumpfstabilisierenden Übungen eingewiesen und mussten zeigen, dass sie die Übungen korrekt beherrschen.

In der Kontrollgruppe wurden die TeilnehmerInnen auf gleiche Weise mit Chinesischer Massage behandelt, allerdings wurden Ihne keine rumpfstabilisierenden Übungen „gegeben“.

Gemessen wurden die Ergebnisse beider Gruppen zum einen durch die „visual analog scale“ (VAS)[9] und zum anderen durch den „Oswestry disability index“ (ODI)[10] unmittelbar zu Beginn der Untersuchung, sowie nach zwei und nach acht Wochen.

Ein Jahr nach der letzten Behandlung wurde ein Follow-up in Form einer telefonischen Befragung durchgeführt[11], um die Rückfallsrate[12] bestimmen zu können.

Versuchspersonen

Die Versuchspersonen waren insgesamt 236 PatientInnen mit NSLBP im Qingzhou Spital für Traditionelle Chinesische Medizin im Zeitraum zwischen März 2011 und Juni 2012. 117 von ihnen mussten auf Grund von Ausschlusskriterien[13] aus der Studie ausgeschieden werden, weitere 27 fielen aus terminlichen Gründen aus, womit jeweils 46 Personen in der Versuchs- und in der Kontrollgruppe waren. Abgeschlossen haben die Studie allerdings nur 43 TeilnehmerInnen in der Versuchsgruppe (mit Übungen) und 42 in der Kontrollgruppe (ohne Übungen).[14]

Ergebnisse

Schon zwei Wochen nach Studienbeginn zeigen sowohl VAS als auch ODI in beiden Gruppen eine signifikante Verbesserung gegenüber der Ausgangssituation, aber keinerlei Unterschiede zwischen der Versuchs- und der Kontrollgruppe.

Auch nach acht Wochen zeigen VAS und ODI deutliche Besserungen gegenüber dem Studienbeginn, nun aber unterscheiden sich Versuchs- und Kontrollgruppe signifikant zugunsten der Gruppe mit den zusätzlichen Rumpfstabilitätsübungen.

Im Follow-up nach einem Jahr, das die Rückfallrate erfasst[15], gaben 5 Personen der Versuchsgruppe an, einen Rückfall gehabt zu haben, 19 in der Kontrollgruppe – was einer signifikant unterschiedlichen Rückfallrate von 43,2% in der Kontrollgruppe und 11.6% in der Versuchsgruppe entspricht. PatientInnen in der Kontrollgruppe hatten damit eine etwa 6,5-mal so hohe Rückfallsquote.

Diskussion

Die Theorie der Traditionellen Chinesischen Medizin verbindet Schmerzen im unteren Rücken mit einer Nieren-Schwäche, weshalb die Massage in der vorliegenden Studie vor allem im Bereich von Gouverneur (Du Mai) und Blasen-Meridian behandelte, um die Meridiane und Kollateralgefäße durchgängig zu machen, Exzess zu beruhigen und die Nieren-Schwäche aufzufüllen. Zusätzlich vermag Chinesische Masage Spannung zu lindern, Ödeme auszuleiten, keimfreie Entzündungen der lokalen Gewebe zu beruhigen und Druck von den nervalen Strukturen zu nehmen – und letztlich auf diese Weise die Symptome von unspezifischen unteren Rückenbeschwerden zu verbessern. In der vorliegenden Studie haben die von VAS- und ODI-Werte diese Wirksamkeit) bestätigt.

Obwohl die genauen Ursachen von NSLBP unklar sind, geht man vielfach von einer verursachenden Instabilität (und Muskelschwäche) im unteren Rücken aus. Da Massage aber eine passive Behandlungsform ist, vermag sie nicht, die Muskeln zu stärken und die Lendenwirbelsäule zu stabilisieren. Letztlich ist Chinesische Massage deshalb nicht in der Lage die Rückfallrate zu senken, die mit 43,2% im Bereich der auch sonst erhobenen Rückfallquoten liegt[16].

Chinesische Massage ist signifikant wirksam in der akuten Behandlung von Schmerzen im unteren Rücken, weniger allerdings für die längerfristige Besserung. Zudem sind die Effekte einer kombinierten Massage-Übungs-Behandlung (über eine geringere Rückfallsrate hinaus) in Hinblick auf den Schmerz als auch die Bewegungseinschränkungen der ausschließlichen Massagebehandlung überlegen.

Die besseren Ergebnisse der Versuchsgruppe sind, so die Autoren, den rumpfstabilisierenden Übungen geschuldet, denn anders als die Chinesische Massage vermögen die rumpfstabilisierenden Übungen die Aktivität der tiefen Rückenmuskulatur zu verbessern und damit in der Folge die Stabilität des unteren Rückens zu stärken und letztlich die Rückfallquote zu senken.[17] Zu diesem Schluss kamen auch Choi et al.[18], die in einer Review zeigen, dass eine moderate Evidenz vorliegt, dass Übungsprogramme nach der Behandlung Rückfälle verhindern.

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[1] Yingjie Zhang, Shujie Tang, Guangmin  Chenc und Yuanmei Liu.

[2] Complementary Therapies in Medicine (2015) 23, 1—6. http://dx.doi.org/10.1016/j.ctim.2014.12.005 (Abstract: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25637146). Zugriff: 04.01.2018.

[3] In einer Meta-Analyse konnten Wang et al. zeigen, dass Übungen zur Rumpfstabilisierung effektiver in der Schmerzreduktion und der Förderung der Beweglichkeit sind als allgemeine Übungen: Wang XQ, Zheng JJ, Yu ZW, et al. A meta-analysis of core stability exercise versus general exercise for chronic low back pain. PLoS ONE 2012;7:e52082. Zitiert nach Zhang Yingjie et al.: Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain: A randomized controlled trial. Complementary Therapies in Medicine (2015) 23, S. 2.

[4] Kumar et al. konnten nachweisen, dass Massage eine effektive Behandlungsmethode für unspezifische untere Rückenschmerzen ist: Kumar S, Beaton K, Hughes T. The effectiveness of massage therapy for the treatment of nonspecific low back pain: a systematic review of systematic reviews. Int J Gen Med 2013;6:733—41. Zitiert nach Zhang Yingjie et al.: Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain: A randomized controlled trial. Complementary Therapies in Medicine (2015) 23, S. 2.

[5] Pang RC, Zhang AR, Hu B, Zhao JN, Yang HP, Wang HG. Treating lumbar spinal stenosis using kinesitherapy and Tuina. China Rehabil 2006;21:397.

Zhang Y, Chen P, Ke JL. Treating lumbar spinal stenosis using Tuina and fumigating and washing: report of 112 cases. J Tradit Chin Med Zhejiang 2010:838—9.

Cai K. Tuina treating lumbar degenerative spinal stenosis: report of 56 cases. Bone Setting Tradit Chin Med 1999:27—8.

Liu HB. Tuina treating lumbar spinal stenosis:report of 38 cases. Modern Rehabil 2000:1051.

Alle Arbeiten zitiert nach Zhang Yingjie et al.: Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain: A randomized controlled trial. Complementary Therapies in Medicine (2015) 23.

[6] Bislang gibt es zwar Studien, die die Effektivität von Chinesischer Massage belegen, so die Autoren, aber keine Studien, die die Verbindung von Chinesischer Massage und rumpfstabilisierenden Übungen untersuchen.

[7] Spezifische Techniken der Chinesischen Massage sind „rolling, rubbing, pushing, oblique-pulling, stroking and tapotement”.

[8] Die rumpfstabilisierenden Übungen sind „plank, side plank, bridge, straight leg raise and modified push-up”.

[9] Die TeilnehmerInnen müssen dazu ihren subjektiv empfundenen Schmerz auf einem 10-Zentimeter langen Papier (unterteilt durch zehn Striche) bewerten. 0 bedeutet überhaupt keine Schmerzen und 10 unerträglicher Schmerz.

[10] Den ODI bewertete ein Chirurg, der keine Informationen darüber hatte, welcher Gruppe die jeweilige PatientIn zugehört.

Der ODI beinhaltet verschiedene Items, die unterschiedliche Aspekte der täglichen Lebensfertigkeiten (wie Schmerzintensität, Aufstehen, Fähigkeit zur Selbstversorgung, Gehfähigkeit, Fähigkeit zu sitzen, sexuelle Funktion, Fähigkeit zu stehen, soziales Leben, Schlafqualität und Reisefähigkeit) erfassen. Alle diese Items werden von 0 bis 5 bewertet, wobei ein höherer Wert eine stärkere Einschränkung bedeutet. Gesamt werden alle einzelnen Werte zusammengezählt und dann mit 2 multipliziert. Der daraus resultierende Wert wird als Prozentsatz betrachtet. Ein Prozentsatz von 0 bis 20% bedeutet, dass die PatientIn die meisten Tätigkeiten ihres alltäglichen Lebens ausführen kann, ein Prozentsatz von 80 bis 100% hingegen eine hohe Einschränkung, möglicherweise sogar Bettlägerigkeit.

[11] Auch diese Befragung durch eine ÄrztIn erfolgte „verblindet“, d.h. die ÄrztIn hatte keine Vorinformation welcher Gruppe die jeweils befragte Person angehörte.

[12] Die Definition von Rückfall ist in den diversen Studien nicht einheitlich. In der vorliegenden Studie geht man von einem Rückfall aus, wenn nach einer mindestens 30-tägigen Beschwerdefreiheit ein unterer Rückenschmerz auftritt, der zumindest 20 mm auf der 100 mm VAS ausmacht.

Die Rückfallsrate wurde als Prozentsatz jener StudienteilnehmerInnen definiert, die nach den Behandlungen zumindest 30 Tage beschwerdefrei waren und dann wieder einen Rückfall erlitten.

[13] Die Einschließungskriterien waren: 1) jünger als 55 Jahre und 2) die Diagnose NSLBP ohne relevante Diagnosen wie Bandscheibenvorfall, Fraktur, Tumor etc.

Die Ausschließungskriterien waren: 1) andere Schmerzsyndrome, 2) Wirbelsäulen-Operation innerhalb der letzten 6 Monate oder geplant oder invasive Untersuchungen während der Studie, 3) neurologische Erkrankungen, 4) psychiatrische Erkrankungen, 5) ernsthafte chronische Erkrankungen, die die Ergebnisse verfälschen könnten, 6) Schwangerschaft oder geplante Schwangerschaft während der Studie.

[14] Hinsichtlich Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Schmerzdauer, Ausbildung und Familienstatus finden sich zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede. Auch die VAS und ODI waren bei Therapiebeginn in beiden Gruppen ausgeglichen.

[15] Zwei Personen in der Kontrollgruppe konnten nicht kontaktiert werden, die Autoren gehen allerdings davon aus, dass sie keinen Rückfall hatten.

[16] Hestbaek L, Leboeuf-Yde C, Manniche C. Low back pain: what is the long-term course? A review of studies of general patient populations. Eur Spine J 2003;12:149—65. Zitiert nach Zhang Yingjie et al.: Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain: A randomized controlled trial. Complementary Therapies in Medicine (2015) 23, S. 4.

[17] Als möglicherweise problematisch und die Ergebnisse vielleicht (leicht) verfälschend sehen die Autoren in der vorliegenden Studie die schwierige „Verblindung“ der BehandlerInnen, da diese unter Umständen Unterschiede zwischen den TeilnehmerInnen der einzelnen Gruppen finden konnten. Ein weiteres methodisches Problem könnte die Selbsteinschätzung der StudienteilnehmerInnen darstellen – und nicht die Verwendung von objektiven Messdaten oder physischer Parameter.

[18] Choi BK, Verbeek JH, Tam WW, Jiang JY. Exercises for prevention of recurrences of low-back pain. Cochrane Database Syst Rev 2010:CD006555. Zitiert nach Zhang Yingjie et al.: Chinese massage combined with core stability exercises for nonspecific low back pain: A randomized controlled trial. Complementary Therapies in Medicine (2015) 23, S. 5.