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Field, Tiffany: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers
In der Studie “Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers” von Tiffany Field et al.[1] 1996 in Adolescence veröffentlicht wurde[2], erhielten 32 depressive Mütter entweder zehn 30-minütige Heilmassage-Sitzungen oder zehn ebenfalls 30-minütige Entspannungstherapie-Sitzungen innerhalb eines Zeitraums von fünf Wochen.
Hintergrund und Zielsetzung
Depression ist eine der häufigsten Erkrankungen, wobei Angst bei Erwachsenen ein wesentliches Merkmal dieser Erkrankung ist. Nachgewiesen in diesem Zusammenhang ist, dass Entspannungstherapie eine Angst reduzierende Wirkung hat. Benützt man z.B. die State-Trait Anxiety Scale, so zeigen sich bei psychiatrischen PatientInnen niedrigere Angstwerte nach neun Sitzungen mit Entspannungstherapie. Selbst eine einzige Sitzung mit Entspannungstherapie hebt die Stimmung – erhoben mit der Mood States Scale.[3]
Entspannungstherapie erwies sich in einer Langzeitstudie sogar wirkungsvoller in der Angstreduktion als die Behandlung mit Psychotherapie und Psychopharmaka oder auch als kognitive Verhaltenstherapie. In einer Studie mit depressiven Kindern und Erwachsenen konnte gezeigt werden, dass sie selbst von einer Stunde Entspannungstherapie profitieren.[4]
Vergleichsweise dazu findet sich nur eine Studie, in der psychiatrische PatientInnen (Kinder und Erwachsene) nach fünf Heilmassagen weniger Angst zeigten sowie „angepasstere“ Affekt- und Schlafmuster und weniger hohe Spiegel der Stresshormone Cortisol und Noradrenalin.[5]
Depressionen bei jungen Müttern treten, so die Autoren, bei 25 bis 30% der Frauen in den ersten drei Monaten nach der Entbindung auf, und selbst milde Formen von Depression und Angst können die Beziehung der Mutter zu ihrem Neugeborenen beeinträchtigen.[6]
Von Massage wie auch Entspannungstherapie wird deshalb erwartet, dass sie die Symptome mütterlicher Depression und Angst verringern, und das Ziel der vorliegenden Studie ist der Vergleich der Wirksamkeit von Massage und Entspannungstherapie in dieser Problemsituation.
Durchführung
Die Untersuchung wurde an 32 erwachsenen Müttern durchgeführt, die kürzlich entbunden haben. Die Zuteilung der StudienteilnehmerInnen erfolgte durch die Wöchnerinnenstation, die Zuordnung zur Massage- oder Entspannungstherapie-Gruppe per Zufallsprinzip.
Die beiden Gruppen unterscheiden sich weder im Altersdurchschnitt noch in der Ausbildung, der ethnischen Zugehörigkeit oder im sozialökonomischen Status.[7] Um in die Studie aufgenommen zu werden, war ein BDI-Wert[8] von 16 oder höher notwendig. Zudem durfte die junge Mutter aktuell weder medikamentös oder auf andere Weise wegen ihrer Depression oder einer ähnlichen Erkrankung behandelt werden.
- Die 16 Teilnehmerinnen der Heilmassage-Gruppe erhielten fünf Wochen lang je eine 30-minütige Massage an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – insgesamt 10 Massagen.
In den ersten 15 Minuten liegt die Patientin in der Rückenlage[9] und dann weitere 15 Minuten in der Bauchlage.[10] Die Behandlung wurde von ausgebildeten HeilmasseurInnen durchgeführt und die gesamten fünf Wochen immer zur gleichen Zeit (Mitte des Nachmittags) ausgeführt. - Die 16 Teilnehmerinnen der Entspannungstherapie-Gruppe besuchten in einem ähnlichen Setting fünf Wochen lang jeweils zwei Tage hintereinander pro Woche eine 30-minütige Entspannungstherapie-Sitzung.
Die ersten 15 Minuten bestanden aus Yoga-Übungen, in den zweiten 15 Minuten wurde die Progressive Muskelentspannung durchgeführt.[11]
In der Entspannungstherapie-Gruppe wurden die gleichen Messungen nach dem gleichen Zeitschema durchgeführt wie in der Heilmassage-Gruppe. Gemessen wurden die Effekte der Behandlungen am jeweils ersten und letzten (10.) Tag der Behandlungsserie mit a) Behavior Observation Scales[12] mit 7 Verhaltensbewertungen[13], b) Profile of Mood States POMS[14], c) State Anxiety Inventory for Children STAIC[15], d) Puls, e) Cortisol im Speichel und f) Cortisol im Urin.
Das Schema der Messungen/Bewertungen am 1. und 10. Tag:
- STAIC und POMS 30 Minuten vor der Behandlung
- Puls, Cortisol und Behavior Observation Scales jeweils unmittelbar vor der Behandlung[16]
- Puls, Speichel- und Urinprobe, STAIC und POMS und Behavior Observation Scales unmittelbar nach der Behandlung
- Speichelproben 30 Minuten nach der Behandlung (also nach der 20-minütigen Ruhezeit unmittelbar nach der Behandlung)
Die Behavior Observation-Bewertungen wurden immer a) vor den Behandlungen (während der 30 Minuten vor der Behandlung), b) während den Behandlungen und c) nach den Behandlungen (während der 30 Minuten nach der Behandlung) vollständig vorgenommen.[17]
Statistisch signifikante Ergebnisse
- Der Angst-Wert sank in beiden Gruppen nach der ersten Behandlung, aber nur in der Heilmassage-Gruppe auch nach der letzten Behandlung.
- Der POMS-Depressions-Wert sank in der Heilmassage-Gruppe nach der Behandlung am ersten und auch am letzten Tag.
- In den Behavior Observation-Werten zeigte sich in der Heilmassage-Gruppe nach den Behandlungen a) ein höherer State-Wert am 10. Tag, b) ein höherer Vocalization-Wert an den Tagen 1 und 10, c) geringere Angst-Werte am 1. und 10. Tag, d) höhere Cooperation-Werte am 1. und 10. Tag, und e) niedrigere Unruhe-Werte am 1. und 10.
- Absinken der Pulsrate nach der Heilmassage sowohl am ersten als auch am letzten Tag.
- Niedrigere Speichel-Cortisol-Werte nach der Massage-Therapie.
- Geringerer Urin-Cortisol-Werte in der Heilmassage-Gruppe im Vergleich zwischen dem ersten und dem letzten Tag der Behandlung.
Diskussion
In der Entspannungstherapie- und Massage-Gruppe zeigten sich niedrigere Angst-Werte am ersten Tag (in der Massage-Gruppe auch am letzten Tag), aber nur in der Heilmassage-Gruppe zudem aber auch weniger ängstliches Verhalten und niedrige Stresshormon-Werte (Cortisol) nach den Behandlungen. Und ebenfalls nur in der Heilmassage-Gruppe kam es zu einem Nachlassen von Depression und Stress (Cortisolwerte im Urin) über den Verlauf der Studie.
Damit decken sich die Ergebnisse der vorliegenden Studie mit den bisherigen Forschungen zur Angst senkenden Wirkung von Entspannungstherapien sowie mit der Angst, Depression und Cortisol senkenden Wirkung von Massage[18].
Für den Langzeiteffekt der verringerten Cortisolwerte im Urin der Heilmassage-Gruppe, der sich aber nicht in der Selbstwahrnehmung und dem beobachteten Verhalten zeigt, haben die Autoren die (mögliche) Erklärung, dass der Cortisolwert von den Teilnehmerinnen nicht beeinflusst werden kann, die Selbsteinschätzung und das Verhalten aber schon. Die Enttäuschung vieler junger Mütter über das (subjektiv zu frühe) Ende der Massagebehandlungen könnte sich demnach in der Selbstwahrnehmung und im beobachteten Verhalten ausdrücken (aber den Cortisolwert im Urin nicht beeinflussen).
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[1] Tiffany Field, Nancy Grizzle, Frank Scafidi und Saul Schanberg.
[2] Adolescence, Vol. 31, Iss. 124, (Winter 1996): 903-11; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8970662. Zugriff 05.01.2017.
[3] Goldman 1988, Richter 1984, Hosmand, Helmes, Kazarian & Tekatch 1985, Matthew & Gelder 1969. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[4] McLean & Hakstian 1979, Reynolds & Coats 1986, Platania-Solazzo, Field, Blank, Seligman, Kuhn, Shanber & Saab 1992. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[5] Field, Morrow, Valdeon, Larson, Kuhn, & Schanberg, 1991. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[6] O’Hara, Neunaber, & Zekoski 1984, Livingood, Dean, & Smith 1983, Cohn, Campbell, Matias, & Hopkins, 1990; Field, 1992; Field, Healy, Goldstein, & Guthertz 1990. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[7] Hollingshead Four-Factor Index of Socioeconomic Status – http://fcon_1000.projects.nitrc.org/indi/enhanced/assessments/ses-adult.html. Zugriff 05.01.2018.
[8] http://www.apa.org/pi/about/publications/caregivers/practice-settings/assessment/tools/beck-depression.aspx. Zugriff 05.01.2018.
[9] Es wurden dabei die folgenden vier Regionen behandelt: „1) head/neck-slow lateral stroking of forehead, followed by long and slow stroking from the neck across the shoulders and from the shoulders to the neck; 2) arms/hands-long and slow stroking from above the shoulder to beyond the hand, followed by individual stroking of each hand; 3) torso-placing the hand gently on the solar plexus (base of chest) and adding a gentle rocking motion; and 4) legs/ feet-long, slow stroking from the hip to beyond the foot, followed by stroking each foot.”
[10] Die Behandlung war hier: „achilles tendon (ankle) stretch (bend the knee to stretch), knee and calf shake, long and slow strokes from over the buttocks to the toes, lateral lumbar stretch (10 times) including strokes parallel to the spine from the base of the spine to the shoulders and along the arms to past the end of the hands, trapezius (shoulder blade) squeeze, friction alongside the spine with the ulnar (outside) edge of the hand from superior to inferior, posterior neck squeeze and stretch, and long, slow strokes from the head down the entire posterior surface of the body to the toes (3 times).”
[11] Die Patientinnen wurden dabei aufgefordert für ein paar Minuten tief zu atmen. Danach wurden sie instruiert, sich zu entspannen und anschließend (nacheinander) acht bestimmte Muskelgruppen anzuspannen – an den Füßen beginnend und mit dem Kopf endend.
[12] Platania-Solazzo, Field, Blank, Seligman, Kuhn, Schanberg, & Saab, 1991. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[13] Die sieben Bewertungen umfassten “state, affect, activity level, anxiety level, fidgeting/nervous behavior, vocalizations, and cooperation”. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[14] McNair, Lorr, & Droppleman, 1971. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[15] Spielberger, Gorsuch, & Lushene, 1970. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.
[16] Mit den Behavior Observation Scales wurden die letzten 30 Minuten vor der Behandlung bewertet.
[17] Die Bewertungen wurden jeweils von zwei unabhängigen Beobachtern überprüft und „interobserver agreement“ auf Konsistenz überprüft.
[18] Die Angst, Depression und Cortisol senkende Wirkung von Massage wurde bislang nur in einer einzigen Studie aufgezeigt: Field, T., Morrow, C., Valdeon, C., Larson, S., Kuhn, C., & Schanberg, S. (1991). Massage reduces anxiety in child and adolescent psychiatric patients. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 31, 125-131. Zitiert nach T. Field et. Al.: Massage and relaxation therapies’ effects on depressed adolescent mothers. Adolescence. 1996 Winter;31(124):903-11.